PwC Financial Services – ESG-Sonderedition: Ausgabe 4

Nach der grundsätzlichen Definition von ESG-Faktoren und ESG-Risiken im ersten Newsletter dieser Serie, über die quantitativen und qualitativen Indikatoren und Metriken zur Bewertung von ESG-Risiken im zweiten Newsletter, war das Thema im vorangegangenen Newsletter die Vorgehensweisen und Methoden für das Management von ESG-Risiken durch Institutionen zu beleuchten. In diesem Newsletter stellen wir die Sichtweise der EBA zur Integration von ESG-Risiken in der Bankenaufsichtspraxis dar.

Aufsicht über ESG-Risiken

Artikel 98 (8) der CRD wird festgehalten, dass die EBA eine mögliche Berücksichtigung von ESG-Risiken in den Aufsichtspraktiken prüfen soll. Im EBA Report werden Möglichkeiten für diese Inkludierung gegeben und zur Diskussion gestellt, denn ESG-Faktoren stellen keine eigene Risikokategorie per se dar, sondern beeinflussen die aufsichtsrechtlichen Risiken, weshalb eine gesonderte Einführung und Berücksichtigung in den Aufsichtspraktiken angestrebt wird.

Der aktuelle aufsichtliche Überprüfungs- und Bewertungsprozess SREP (Supervisory review and evaluation process) dient als Basis um eine kohärente Beurteilung von Banken durchführen zu können und basiert auf den folgenden vier Komponenten:

1.     Geschäftsmodell

Analyse des Geschäftsumfeldes, des Kerngeschäfts, der zentralen Geschäftsbereiche sowie der Schwachstellen eines Instituts.

2.     Interne Governance

Evaluierung der Führung eines Instituts, indem Funktionen/ Leitungsorgane sowie Ausschüsse geprüft werden.

3.     Kapitalrisiken

Umfasst die Beurteilung der folgenden Risikokategorien: Kredit-/ Markt-/ operationelles Risiko sowie das Zinsänderungsrisiko im Bankbuch

4.     Liquiditätsrisiken

Überprüfung der Fähigkeit den Liquiditätsbedarf auch in wirtschaftlich unsicheren Zeiten decken zu können.

Für alle vier dargestellten Komponenten liefert die EBA im Report Vorschläge zur Integration von ESG-Risiken in die Aufsichtspraktiken, welche nachfolgend zusammengefasst dargestellt werden.

 

ESG Risiken in der Analyse des Geschäftsmodells

ESG-Risiken sollten Teil der Bewertung der Tragfähigkeit und Nachhaltigkeit des Geschäftsmodells
und der langfristigen Widerstandsfähigkeit einer Institution sein. Im Bericht werden vier Hauptüberlegungen für Institutionen hinsichtlich der Integration von ESG-Risiken in ihre Geschäftsstrategien und -prozesse betont:

  • Überwachung des sich verändernden Geschäftsumfelds und Bewertung der langfristigen Widerstandsfähigkeit
  • Festlegung robuster Strategien unter Berücksichtigung von ESG-Risikozielen und/oder -Limiten
  • Einbindung von Gegenparteien und anderen relevanten Interessensgruppen
  • Erwägung der Entwicklung nachhaltiger Produkte

Diese Aspekte bilden dann eine Grundlage für die Aufsichtsbehörden. Zusätzlich zu den oben genannten Punkten wäre die Bewertung der langfristigen Widerstandsfähigkeit ein neuer Aspekt der aufsichtlichen Bewertung und ginge über den üblichen Zeitrahmen von 3-5 Jahren hinaus und würde einen Zeithorizont von mindestens zehn Jahren abdecken. Die Annahme unterschiedlicher Zeithorizonte würde auch die Zuverlässigkeit der Analyse erhöhen und es den Aufsichtsbehörden ermöglichen, proaktiver und vorausschauender auf die sich abzeichnenden Risiken zu reagieren, denen das Institut ausgesetzt ist.

Im Hinblick auf die langfristigen Auswirkungen von ESG-Risiken und den Übergang zu einer nachhaltigeren Wirtschaft ist eine sorgfältige und, vor allem, vorausschauende Bewertung des künftigen Geschäftsumfelds für die Analyse des Geschäftsmodells entscheidend. Die zuständigen Behörden sollten unter anderem Folgendes berücksichtigen:

  • Relevante politische Verpflichtungen wie das Pariser Abkommen oder der europäische Green Deal, vor allem auch das EU-Klimagesetz;
  • Gesellschaftliche Veränderungen, die sich u.a. durch die COVID-19-Pandemie und zunehmende Digitalisierung entstehen
  • Wirtschaftliche Auswirkungen von häufigeren und schwereren Naturkatastrophen und zunehmender Umweltzerstörung, technologische Entwicklungen und veränderte Kundenpräferenzen.

Für die Durchführung der Geschäftsumfeldanalyse sowie der Analyse des Geschäftsmodells im Zuge der Berücksichtigung von ESG-Risiken werden zusätzliche Informationen benötigt, wie beispielsweise

  • ESG-Ratings der Kreditinstitute und den größten Engagements
  • Non-Financial Reporting zusätzlich zu den bestehenden Reporting Praktiken (z.B.: Regulatorisches Reporting etc.)
  • „Forward-Looking“ Analysen durch das Institut und veröffentlichte Studien durch relevante Organe hinsichtlich der erwarteten Langfristentwicklungen
  • Neuerungen zu politischen Vereinbarungen wie dem Pariser Klimaabkommen etc.

Aktuell wird für die Analyse des Geschäftsmodells sowohl eine quantitative als auch qualitative Analyse seitens der Aufsicht durchgeführt. Für die quantitative Analyse stellt die EBA dar, dass folgende beispielhafte Aspekte zusätzlich in die Beurteilung einfließen sollen:

  • Anteil der Profitabilität von Engagements mit erhöhtem ESG-Risiko;
  • Unterschiede bei der Profitabilität von traditionellen Krediten und Krediten mit verbundenen ESG-Zielen;
  • Ob die Wertminderung von Vermögenswerten (teilweise) durch ESG-Risiken, die diese Vermögenswerte betreffen, verursacht wird und wie dies von der Institution bewertet respektive quantifiziert wird;
  • Konzentrationen betreffend Regionen sowie Branchensektoren welche stark ESG Risiken ausgesetzt sind;

Die qualitative Analyse, für welche die Berücksichtigung von ESG Faktoren gleichermaßen bedeutsam ist, wird um die folglich erörterten Themengebiet ergänzt:

  • Die internen Kapazitäten der Institution, einschließlich IT-Tools, um ESG-Risiken zu identifizieren und zu quantifizieren;
  • Vorhandensein von Personal mit einschlägiger Expertise im Hinblick auf ESG-Risiken
  • Die Stärke der Beziehungen der Institution zu den Stakeholdern, um ihrer wesentlichen ESG-Risiken zeitnah und konsistent zu erfassen;
  • Ob das Angebot von nachhaltigen Bankprodukten zu einer Verbesserung des; Geschäftsmodells des Instituts führt und zusätzlich einen potenziellen Wettbewerbsvorteil für das Institut darstellen könnte;

Aufbauend auf den Analysen des Geschäftsumfelds bewerten die Aufsichtsbehörden die Fähigkeit des Geschäftsmodells in den nächsten 12 Monaten eine akzeptable Rendite zu erzielen.

Interne Governance

Im Zuge der Analyse der internen Governance im Hinblick auf ESG-Risiken wird zusätzlich analysiert, wie ESG-Risiken und das Management von ESG-Risiken in der Unternehmensführung verankert sind. Dies betrifft die Führungsebene, die Risikokultur, die Vergütungsrichtlinien, das interne Kontrollsystem, der Aufbau des Risikomanagementsystems sowie Informationssysteme. Des Weiteren ist ein zentraler Aspekt, dass klare Rollen und Zuständigkeiten innerhalb des Instituts definiert sind, die eine transparente und robuste Organisationsstruktur gewährleisten, um ESG Risiken effizient evaluieren, quantifizieren und mitigieren zu können.

Betreffend des Risikomanagementsystems wird zukünftig darauf geachtet, ob ESG-Risiken in der Risikostrategie, im Risikoappetit, in der Risikoidentifizierung sowie in den Risikomessmethoden und -überwachung berücksichtigt werden. Des Weiteren wird analysiert, ob im ICAAP, ILAAP sowie Stresstesting-Rahmen ESG-Faktoren eingehen.

 

Kapitalrisiken

Wie einleitend erwähnt werden ESG Risiken nicht als eigene Risikoart klassifiziert, sondern finden Einfluss über bestehende finanzielle Risiken wie das Kreditrisiko/ Kontrahentenrisiko, Marktrisiko, operationelles Risiko und das Zinsänderungsrisiko im Bankbuch.

Bei der Analyse von Kreditrisiken werden die aufsichtlichen Behörden ihre Perspektive dahingehend erweitern, dass Kontrollen implementiert werden, wie beispielsweise Szenarioanalysen, um die Widerstandsfähigkeit des Kreditbuchs gegenüber physischen Risiken und Transitionsrisiken bewerten zu können. Des Weiteren wird auf eine nachhaltige Kreditvergabe geachtet. Dies bedeutet, das ESG-Risiken bei der Bewertung von Einzelkunden zukünftig zu berücksichtigen sind, im Besonderen im Hinblick auf langfristige Finanzierungen. Aus einer strategischen Betrachtungsweise können die Aufsichtsbehörden evaluieren, wie sich das Kreditbuch entwickeln würde, wenn langfristige Geschäftsbeziehungen durch ESG Risiken beeinträchtigt würden.

Der aufsichtlicher Ausgangspunkt ist hierbei die Bewertung der zugrundeliegenden Annahmen und Strategien des Instituts hinsichtlich der folgenden Themengebiete:

für die , ein Verständnis zu erlangen wie ESG-Risiken das Kreditportfolio beeinflusst, wie ESG-Risiken im Kreditvergabeprozess Eingang finden und ob ESG-Aspekte in der Risikostrategie sowie im Risikoappetit verankert sind.

Um erstes als anfänglichen Schritt zu quantifizieren sollen auf Portfoliosicht ESG Risiken anhand von Konzentrationsanalysen durchgeführt werden. So können beispielsweise Sektorkonzentrationen Aufschluss über die Anfälligkeit auf Transitionsrisiken geben. Geografische Konzentrationen hingegen auf eine mögliche Anfälligkeit auf physische Risiken des Portfolios.

Mit der Erweiterung der Sichtweise der Aufsicht betreffend der Analyse von Kreditrisiken sowie den zusätzlich erforderlichen Analysen wird von der EBA verfolgt, dass ESG-Risiken in sämtlichen mit Krediten verbundenen Prozessen und notwendigen Verantwortlichkeiten Eingang finden.

Ein wichtiges Element bei der Bewertung der Fähigkeit von Instituten, mit ESG-Risiken umzugehen, ist die Überprüfung des Management- und Kontrollrahmens zur Steuerung der Kreditstrategie. Eine umfassende aufsichtliche Überprüfung zielt darauf ab, zu beurteilen, wie der Rahmen ESG-Überlegungen einbezieht, wie Verantwortlichkeiten zugewiesen werden und wie das Risiko identifiziert, gemessen, gesteuert und überwacht wird.

Anleger und Marktteilnehmer werden sich der Bedeutung von ESG-Risiken zunehmend bewusst. Obwohl der Umfang der ESG-Emissionen im Vergleich zur Größe der Finanzmärkte noch gering ist, steigt die Nachfrage nach ESG-Investitionen. Aus diesen Gründen ist es wichtig, dass die Aufsichtsbehörden beurteilen, wie Institute proaktiv die Auswirkungen von ESG-Risiken auf ihre Marktrisikopositionen überwachen.

Auch das operationelle Risiko wird stark von ESG-Risiken beeinflusst. Dazu gehört das Versäumnis, die Einhaltung der bestehenden ESG-Standards bei den Engagements einer Institution zu bewerten, was zu künftigen finanziellen Auswirkungen durch Reputations- oder Rechtsschäden führen kann.

Liquiditätsrisiken

Neben Kapitalrisiken können sich auch die Liquiditätssituation sowie die Refinanzierungssituation eines Institutes durch ESG-Risiken verändern. So sieht der EBA Report vor, dass ESG-Risiken bei der aufsichtsrechtlichen Analyse des Liquiditätsrisikos, des Refinanzierungsrisikos sowie des umspannenden Governance-Risikomanagement-Rahmenwerks berücksichtigt werden sollen.

So soll beispielsweise die jederzeitige Liquidierbarkeit von Positionen im Liquiditätspuffer bzw. Counterbalancing capacity mit Fokus auf ESG-Risiken analysiert werden.

Betreffend des Refinanzierungsrisikos ist beispielsweise der Marktzugang aufgrund von einer etwaig schwachen ESG-Positionierung des Instituts zu prüfen.

Im Governance-Rahmenwerk für Liquiditätsrisiken sind als eine zusätzliche Maßnahme zur Integration von ESG-Risiken Stresstests vorzusehen.

Wie die beschrieben Beispiele einer Integration von ESG-Risiken zeigen, wird die Aufsicht künftig eine umfassende Auseinandersetzung mit dem Thema und Integration von ESG-Aspekten in allen Bereichen der Institute voraussetzen.

Daher ist es ratsam sich zeitnah mit dem Thema auseinanderzusetzen, den Änderungsbedarf zu einer Integration zu erheben und einen Implementierungsleitfaden zu erstellen und umzusetzen.

Wir als PwC unterstützen Banken bei diesem Vorhaben und unterstützen gerne auch Sie. Kontaktieren Sie uns – wir sind startklar Sie bei der sehr umfassenden Aufgabe mit unserer Expertise und vorbereiteten Tools zu unterstützen.

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Für den Inhalt verantwortlich: StB Mag. Thomas Strobach, thomas.strobach@pwc.com
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