Transaction Accounting Blog 03: Börsenmäntel als neuer Trend der Akquisitionsdurchführung

01/04/21

Ausgehend von den USA gewinnen die Transaktionen mit Special Purpose Acquisition Companies (SPAC) an Bedeutung. Bereits im laufenden Jahr 2021 übersteigt die Anzahl der an die Börse gebrachten SPACs jene des gesamten Vorjahres. Auch Notierungen an europäischen Börsen wie Frankfurt oder Amsterdam sind in Planung bzw. Umsetzung. Aber wofür stehen SPACs eigentlich? Welche Vorteile oder Nachteile sind damit verbunden? Und welche Auswirkungen ergeben sich für diese Transaktionen nach IFRS?

Klärung der Begrifflichkeit 

Bei einer SPAC handelt es sich um eine leere Mantelgesellschaft, die an die Börse gebracht wird. Die Sponsoren, die das Vehicle aufsetzen und an der Börse listen (lassen), sammeln durch die Börsennotierung Kapital von Investoren ein. Regelmäßig erzielen die SPACs bei Listung zwischen 250 und 350 Millionen Dollar. Damit soll die SPAC anschließend innerhalb eines gesetzten Zeitraums von zwei Jahren ein oder möglicherweise mehrere bislang nicht gelistete operative Unternehmen erwerben oder mit der SPAC verschmelzen. Andernfalls wird das eingenommene Kapital an die Anleger im Zeitablauf wieder retourniert. 

Hinter den Börsenmänteln stehen im Regelfall keine Finanzinvestoren, sondern Beteiligungsspezialisten oder Führungskräfte aus Industrie- und Finanzwirtschaft, die mitunter auch langfristig an der Unternehmensführung des entstehenden Gesamtunternehmens mitwirken sollen. 

Was sind die Auslöser für die gegenwärtige Beliebtheit der SPACs?

Investoren setzen ihr Vertrauen verstärkt in namhafte Sponsoren, die über Managementerfahrung und Umsetzungsexpertise bei Börsennotierungen und M&A Transaktionen verfügen. Bislang nicht notierte operative Unternehmen kommen über die genannten Transaktionsschritte zu einer Börsenotierung, ohne einen klassischen IPO-Prozess vollständig durchlaufen zu müssen. 

Als möglicherweise nachteilig wird bei diesen Strukturen die nicht unbedeutende „Fee“ gewertet, die die Sponsoren vom eingenommenen Kapital als Entgelt regelmäßig einbehalten. Auch können rechtliche Besonderheiten ausgelöst durch die verschiedenen Transaktionsschritte eine erhebliche Komplexität in der Umsetzung der Unternehmenserwerbe und Verschmelzungen verursachen.

Wie sind SPACs unter IFRS-Gesichtspunkten zu betrachten?

Eine Reihe von Fragen ist mit der Bilanzierung von SPAC-Transaktionen verbunden. 

Die Ausgangsfrage richtet sich danach, ob eine SPAC als Erwerber nach IFRS 3 qualifiziert oder ob nicht vielmehr eine Reverse Acquisition angenommen werden muss. Bei einem umgekehrten Merger gilt die SPAC zwar als rechtlicher Erwerber. Für Zwecke der IFRS-Rechnungslegung wird jedoch das erworbene operative Unternehmen als Erwerber interpretiert. Von einem solchen umgekehrten Unternehmenserwerb wird nach IFRS 3 häufig dann ausgegangen, wenn der rechtliche Erwerber in Form einer leeren Mantelgesellschaft ein operatives Unternehmen durch Ausgabe von Eigenkapitaltiteln (mit oder ohne Ausgabe von Barmitteln) erwirbt. Gerade bei umgekehrten Unternehmenserwerben ergibt sich auch eine Reihe von Folgefragen betreffend Struktur des Eigenkapitals, Angaben zu Vergleichsperioden oder die Berechnung des angepassten Ergebnisses je Aktie.

Ebenso strittig kann die Frage sein, ob nach IFRS 3 überhaupt ein Unternehmenszusammenschluss vorliegt. Die Schlussfolgerung hängt davon ab, welche der Parteien (das operative Unternehmen oder die SPAC) als Erwerber unter Rechnungslegungsgesichtspunkten interpretiert wird. Wenn die SPAC bilanziell das erworbene Unternehmen ist, handelt es sich bei der Transaktion möglicherweise nicht um einen Unternehmenszusammenschluss, da die SPAC in der Regel keinen Geschäftsbetrieb nach IFRS 3 darstellt. Nähere Details zu Voraussetzungen eines Geschäftsbetriebs entnehmen Sie bitte unserem Transaction Accounting Blog „Erwerb eines Geschäftsbetriebs“

Weitere Themenfelder betreffen Fragen wie die Bilanzierung von Transaktionskosten, die durch die Ausgabe von Eigenkapitaltiteln anfallen. Transaktionskosten werden nach IAS 32 nur dann im Eigenkapital erfasst, wenn sie zusätzlich und der Eigenkapitaltransaktion direkt zurechenbar sind. Bei einer SPAC-Vereinbarung könnte unter Umständen dies genau nicht erfüllt sein, insbesondere wenn die Transaktion als umgekehrter Unternehmenserwerb bilanziert wird.

Wie sind bedingte Aktienemissionen zu bilanzieren, wenn Anteile an Leistungsträger (Anteilseigner wie Mitarbeiter) nach Durchführung der Transaktion begeben werden? Häufig werden zugesagte Anteile an Anteilseigner oder Mitarbeiter ausgegeben, wenn gewisse Leistungskennzahlen erfüllt sind oder um die betreffenden Leistungsträger weiter an das Unternehmen zu binden. Diese Vereinbarungen können entweder unter IFRS 3, IFRS 2 oder IAS 32 fallen. Entscheidend für die Würdigung ist auch hierbei die konkrete Ausgestaltung der Transaktion sowie der Leistungszusagen. 

Darüber hinaus können steuerliche Überlegungen aufgrund lokalrechtlicher Vorschriften zu beachten sein.  

Weitere Gesichtspunkte

Transaktionen unter Verwendung von SPACs sind nicht nur hinsichtlich der Rechnungslegung herausfordernd. Zusätzlich werden im Einzelfall auch kapitalmarktrechtliche Anforderungen zu berücksichtigen sein. Daraus folgen verschiedene Formvorschriften betreffend Einreichung, Finanzberichterstattung, Pro-Forma-Angaben und andere regulatorische Anforderungen. 

Ob einem klassischen IPO-Prozess oder einer SPAC-Strukturierung der Vorzug gegeben werden soll, ist abhängig von verschiedenen Faktoren, der Zielsetzung und den rechtlichen Rahmenbedingungen. Wir empfehlen eine detaillierte Analyse im Vorfeld durchzuführen, die sowohl die Komplexität der rechtlichen Fragestellungen abdeckt als auch die bilanzielle Auswirkungen berücksichtigt.

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Hans Hartmann

Hans Hartmann

Partner, PwC Austria

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Beate Butollo

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Senior Manager, PwC Austria

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