Sustainability Newsletter - Ausgabe 2

“There is no place for business as usual” - mit nachhaltiger Finanzierung zu einer nachhaltigen post-Covid-19 Wirtschaft

Zusammenfassung

  • Die Instrumente des EU Aktionsplans zur Nachhaltigen Finanzierung eignen sich, um die Wirtschaft nach Covid-19 nachhaltig und resilient wieder aufzubauen
  • Die EU Taxonomie zur Klassifizierung von nachhaltigen Wirtschaftsaktivitäten erlaubt es, u.a. Umsätze und Anlageportfolios, hinsichtlich der eigenen Nachhaltigkeitsziele zu überprüfen
  • Mit den klima-bezogenen Benchmarks und der ESG Benchmark-Offenlegung haben Investoren standardisierte Benchmarks zur Hand, um gezielt nachhaltige Investitionen zu tätigen
  • Die Offenlegungspflichten ermöglichen eine transparente Vergleichbarkeit bezüglich der ESG basierten Finanzprodukte
  • Die EU Kommission arbeitet derzeit an einer Erweiterung des Aktionsplans zur Nachhaltigen Finanzierung, mit dem Schwerpunkt auf Ecolabels und EU Green Bond Standards

Einleitung

Im Dezember 2019 verkündete Ursula von der Leyen als frischgebackene Kommissionspräsidentin den Green Deal. Mehr als 1 Billion (das sind 12 Nuller hinter der 1) EUR sollten innerhalb von 10 Jahren für die grüne Wende aufgebracht werden. Doch wie so oft ändert sich die Lage überraschend und kurzfristig wird auf EU Ebene fast ½ Billion EUR für die Bekämpfung der wirtschaftlichen Folgen der aktuellen Covid-19 Krise fällig werden. Und da Ressourcen überall knapp sind und Geld nicht beliebig vermehrt werden kann, liegt es nahe die beiden Kostenblöcke zu verbinden – wenn gerettet werden muss, dann nach nachhaltigen Kriterien.

Eine Krise, die zu einem nicht vernachlässigbaren Teil aus unserem rücksichtslosen Umgang mit der Umwelt und dem tiefen Eindringen des Menschen in unser Ökosystem mitverursacht wurde, wird mit Maßnahmen zur Optimierung der ESG Leistungsfähigkeit bewältigt.

Eine Krise, die zu einem nicht vernachlässigbaren Teil aus unserem rücksichtslosen Umgang mit der Umwelt und dem tiefen Eindringen des Menschen in unser Ökosystem mitverursacht wurde, wird mit Maßnahmen zur Optimierung der ESG Leistungsfähigkeit bewältigt. (ESG steht für Umwelt (E), Soziales (S) und Governance (G).)

Dafür braucht es drei Faktoren zum Erfolg: ein politisches Signal, einen Frontrunner, und das entsprechende Werkzeug.

  1. Das politische Signal:
    Die Europäische Kommission bekennt sich auch in ihrer “Roadmap to Recovery” mit den Worten “There is no place for business as usual” deutlich zum europäischen grünen Deal.
  2. Die Frontrunner:
    Mit dem Privatsektor steht und fällt die Realisierung einer nachhaltigen Wirtschaft. Unternehmen müssen u.a. Lieferketten, Produktionsweisen,  neu und brauchen dafür den entsprechenden Finanzierungsrahmen. Finanzakteure müssen daher ESG Faktoren in ihre Entscheidungsprozesse mit einbeziehen, um den notwendigen Innovations- und Anpassungsspielraum zu ermöglichen. 
  3. Das Werkzeug:
    Das entsprechende Werkzeug, um eine Regenerierung der Wirtschaft im Sinne der Nachhaltigkeit zu ermöglichen, muss nicht erst neu erfunden werden, sondern ist durch die Arbeit der Technical Expert Group on Sustainable Finance (TEG) der letzten zwei Jahre bereits vorhanden, nämlich:
  • die EU Taxonomie zur nachhaltigen Finanzierung
  • die Green Bond Standards
  • die Paris-aligned bzw. Klima und Transition-Benchmarks sowie ESG Offenlegungsverordnung

Aktuell kümmern sich die relevanten Expertengremien und Fachgruppen unter Hochdruck um die Finalisierung der wesentlichen Rechtsakte.

Schritt 1: Das Werkzeug verstehen 

Für den Weg zu einer resilienten und nachhaltigen Wirtschaft post-Covid-19 bedarf es nur einiger weniger Werkzeuge, die sowohl der Finanzwirtschaft als auch Realwirtschaft erlauben, eine zuvor definierte Nachhaltigkeitsstrategie gezielt umzusetzen, und transparent nach außen zu kommunizieren. Wichtig ist zu beachten, dass sie nicht die Entwicklung einer unternehmensspezifischen Nachhaltigkeitsstrategie und Zielsetzung ersetzen, Unternehmen aber sehr wohl die Stoßrichtung vorgeben.

Taxonomie in a nutshell

Die Taxonomie soll eine einheitliche Klassifizierung für nachhaltige Wirtschaftsaktivitäten anhand festgelegter Kriterien etablieren. Ein einheitliches Klassifizierungssystem ist Grundvoraussetzung für den breiten Einzug der Nachhaltigkeit in Investitionsprozesse (auf Mikroebene), um die bisher fehlende Vergleichbarkeit von nachhaltigen Investitionen und Finanzinstrumenten zu eliminieren. 

Zusätzlich ist die Taxonomie Grundlage für alle weiteren Bemühungen der EU ihre Klimaneutralität 2050 zu erreichen, und somit auch von den Mitgliedstaaten in ihren nationalen Initiativen, die den Finanzsektor betreffen, anzuwenden. Dies beinhaltet u.a.:

  • das ESG Benchmarking
  • Green Bond Standards
  • die Offenlegungsverordnung

Eine Investition gilt als nachhaltig, wenn sie wesentlich zur Erfüllung eines oder mehrerer von sechs folgenden Umweltzielen beiträgt:

  • Klimaschutz
  • Anpassung an den Klimawandel
  • nachhaltige Nutzung und Schutz von Wasser- und Meeresressourcen
  • Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft
  • Abfallvermeidung und Recycling
  • Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung
  • Schutz gesunder Ökosysteme

Eine Wirtschaftsaktivität ist ökologisch nachhaltig, wenn

  • diese einen substanziellen Beitrag zu einem der 6 Umweltziele leistet,
  • kein anderes Umweltziel beeinträchtigt („do no significant harm”-Prinzip),
  • dabei soziale Mindeststandards eingehalten werden und
  • die technischen Screening Kriterien erfüllt werden

Die Timeline der Taxonomie-Entwicklung:

  • Die Feedback Runde für die delegierten Rechtsakte für Klimaschutz und Anpassung an den Klimawandel ist abgeschlossen. Die Publikation im Amtsblatt ist für Juni 2020 geplant.
  • Bis Ende 2020 die EU technischen Screening Kriterien eingebettet in eine rechtlichen Rahmenwerk.
  • Bis spätestens Ende 2022 müssen alle betroffenen Akteure den Offenlegungspflichten (finanziell und nicht-finanziell) für die Eindämmung des Klimawandels und die Anpassung an den Klimawandel Folge leisten. Finanzmarktteilnehmer und Unternehmen der Realwirtschaft sind dabei von unterschiedlichen Fristen betroffen. 
  • Bis Ende 2023 müssen alle Akteure den Offenlegungspflichten zu den verbliebenden vier Bereichen der Taxonomie nachkommen.

Für mehr Informationen siehe Sustainability Newsletter Ausgabe 1.

Paris-aligned und Klima-Transition Benchmarking sowie ESG Offenlegungsverordnung

Im Rahmen der EU Benchmarking Initiativen wurden zwei Klassifikationssystem (Referenz-Verordnung) zur Mebarkeit der Investment Benchmarks entwickelt. Erstere besteht aus den Benchmark Systemen “EU Climate Transition Benchmark” und “Paris-aligned Benchmark”. Diese traten bereits Dezember 2019 in Kraft. Das zweite referenziert auf ESG Offenlegungsmaßnahmen, die für alle Investment Benchmarks gilt.

Das Ziel der ESG Benchmarking Verordnung ist es, durch verpflichtende Veröffentlichung von Vergleichsdaten Klarheit über das ESG Profil eines Investmentportfolios und deren Grad der Angleichung an die Ziele der Pariser Klimavereinbarung zu schaffen.

Außerdem sollen ESG Faktoren in alle Benchmarks, mit Ausnahme von Zinssatz- und Währungsbenchmarks, integriert und veröffentlicht werden. Klare und vergleichbare Informationen, Finanzströme in Richtung einer kohlenstoffarmen und klimaresistenten Wirtschaft umleiten.

Die neuen Anforderungen bezüglich der ESG Offenlegung verlangen von den Benchmark-Administratoren in ihren Benchmark Stellungnahmen und Methodikdokumenten , wie ESG Faktoren berücksichtigt wurden. Diese Anforderungen gelten bereits seit dem 30. April 2020.

Am 8. April hat die Europäische Kommission drei Entwürfe für delegierte Rechtsakte veröffentlicht:

  • Integration von ESG Kriterien beim Finanz-Benchmarking - Erfordert Benchmark Administratoren, Informationen darüber bereitzustellen, wie ESG Faktoren in ihre Berechnungen eingebaut werden
  • ESG Kriterien, die sich in allen Benchmarks widerspiegeln - Erfordert von Benchmark-Administratoren in der Benchmark-Erklärung anzugeben, wie ESG Faktoren in jedem bereitgestellten und veröffentlichten Benchmark reflektiert werden
  • Mindeststandards für Klima-Benchmarks - Bieten Mindeststandards für Gestaltung der Benchmarks "EU-Climate Transition" und "EU Paris-aligned".

Die delegierten Rechtsakte, welche die Anforderungen spezifizieren, sind jedoch noch nicht von der Kommission verabschiedet worden. Dies kann zu Rechtsunsicherheit für die Benchmark-Administratoren, sowie zu hinsichtlich der ordnungsgemäßen Anwendung der Anforderungen. 

Die ESMA schlägt daher vor, dass die zuständigen Behörden bis zur Anwendbarkeit der delegierten Rechtsakte keine Aufsichts- oder Durchsetzungsmaßnahmen in Bezug auf die ESG Offenlegungsanforderungen gemäß der Benchmark-Verordnung prioritär behandeln sollten.

Was ist zu beachten?

Die Benchmarks entsprechen dem methodologischen Status-Quo, was bedeutet, dass sie in regelmäßigen Abständen überprüft und erneuert werden. 

Green Bond Standards 

Als wesentliches Werkzeug zur Finanzierung einer nachhaltigen und resilienten Wirtschaft post-Covid-19 zählen die Green Bond Standards.

Schritt 2: Die transparente Außenwirkung

Offenlegungsverordnung

Die Offenlegungsverordnung soll mehr Transparenz darüber schaffen, wie Finanzmarktteilnehmer und Finanzberater Nachhaltigkeitsrisiken in ihre Anlageentscheidung oder Versicherungsberatung integrieren.

Damit sollen die nachhaltigkeitsbezogenen Offenlegungspflichten gegenüber dem Endanleger auf europäischer Ebene harmonisiert werden. Diese harmonisierten Anforderungen sollen durch verbesserte und einheitlich ausgestaltete Transparenzanforderungen:

  • Informationsasymmetrien zwischen den Marktteilnehmern reduzieren
  • Wettbewerbsverzerrungen vermeiden und
  • eine bessere Vergleichbarkeit der Produkte für den Konsumenten schaffen.

Von der Verordnung sind Finanzmarktteilnehmer und Finanzberater, die Portfolioverwaltung, Anlage oder Versicherungsberatung mit den folgenden Finanzprodukten betroffen:

  • IBIP (insurance-based investment products)
  • Alternative Investment Fonds (AIF)
  • Pensionsprodukte
  • Pensionskassen
  • Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW) Fonds
  • Pan-European Pension Produkte (PEPP)

Ausgenommen von der Offenlegungspflicht sind Unternehmensanleihen und Zertifikate.

Die Offenlegungsanforderungen sind auf mehreren Ebenen zu finden und erheben sowohl einen qualitativen als auch quantitativen Anspruch in ihrer Darlegung. Darüber hinaus werden diverse Informationen in regelmäßigen Abständen offenzulegen sein (Bsp. in Form von jährlichen Berichten).

Die Offenlegung beinhaltet zum Beispiel: 

  • Richtlinien zur Berücksichtigung von Umwelt- und sozialen Risiken in Anlage- und Beratungstätigkeiten
  • Offenlegung, inwieweit sich Nachhaltigkeitsrisiken auf die Rentabilität auswirken
  • Offenlegungspflicht besteht außerdem auf der Webseite sowie in Berichten ((vor)-vertragliche Kundeninformationen)

Dieser Offenlegungsanspruch wird auf verschiedenen Ebenen, wie der Unternehmens-, Finanzprodukt-, Investitions- und Vergütungsebenen, zu finden sein. 

Timeline

Die Offenlegungs-Verordnung wird ab 10. März 2021 rechtskräftig
Bis zum 31. Dezember 2021 müssen Finanzmarktteilnehmer die erste Offenlegung basierend auf der Taxonomie und mit einem Fokus auf Aktivitäten, die signifikant zum Klimaschutz und/oder -anpassung, durchgeführt haben.
Im Juni 2021 wird die EU eine delegierte Rechtsakte, die die praktische Anwendung der Offenlegung in der Praxis darlegt, adaptieren.
Bis zum 31. Dezember 2022 müssen Unternehmen der Realwirtschaft den Offenlegungspflichten, angelehnt an die Taxonomie für Klimaschutz und Klimaanpassung im nichtfinanziellen Bericht, nachkommen.

Nächste Schritte der EU Kommission

Der 2018 veröffentlichte Aktionsplan zur nachhaltigen Finanzierung, aus denen die beschriebenen Tools resultieren, wird derzeit erweitert und vertieft. Am 8. April 2020 hat die Kommission eine Konsultation über die erneuerte Strategie für nachhaltige Finanzen eingeleitet, die bis zum 15. Juli 2020 laufen wird. Mögliche Erweiterungen der erneuerten Strategie sind die:

  • Entwicklung eines EU Ecolabels für Finanzprodukte
  • Manifestierung eines EU Green Bond Standard

Fahrplan grüner Deal (originaler Wortlaut)

11. Dezember 2019                                                                              Vorstellung des europäischen Grünen Deals
14. Januar 2020 Vorstellung des Investitionsplans für ein zukunftsfähiges Europa und des Mechanismus für einen gerechten Übergang
4. März 2020 Vorschlag für ein europäisches Klimagesetz zur Verwirklichung einer CO2-neutralen Europäischen Union bis 2050
Öffentliche Konsultation (Frist: 27. Mai 2020) zu einem europäischen Klimapakt, der Regionen, lokale Gemeinschaften, die Zivilgesellschaft, Unternehmen und Schulen zusammenbringt
10. März 2020 Annahme einer europäischen Industriestrategie, einem Plan für eine zukunftsfähige Wirtschaft
11. März 2020 Vorschlag für einen Aktionsplan für die Kreislaufwirtschaft mit Schwerpunkt auf der nachhaltigen Ressourcennutzung
20. Mai 2020 Vorstellung einer Strategie „Vom Hof auf den Tisch“, um unsere Lebensmittelsysteme nachhaltiger zu machen
20. Mai 2020 Vorstellung einer Biodiversitätsstrategie für 2030 zum Schutz der fragilen natürlichen Ressourcen unseres Planeten

Was sonst noch passiert

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Medieninhaber und Herausgeber: PwC Österreich GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, DC Tower, Donau-City-Straße 7, 1220 Wien
Für den Inhalt verantwortlich: Mag. MBA Agatha Kalandra

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