Inkrafttreten der Änderungen an IAS 1: Beispiele zur Angabe von wesentlichen Rechnungslegungsmethoden

14/09/23

Die geänderten Angaberegelungen des IAS 1

Im Rahmen der Disclosure Initiative beabsichtigt der IASB auch, die Angaben zu den angewandten Rechnungslegungsmethoden zu verbessern. Für Berichtsperioden, die am oder nach dem 1. Jänner 2023 beginnen, sind die entsprechenden Änderungen an IAS 1 „Darstellung des Abschlusses“ erstmals anzuwenden. Daneben wurde auch das IFRS Practice Statement 2 „Vornahme von Wesentlichkeitseinschätzungen“ angepasst.

Durch die Änderungen an IAS 1 sind künftig Angaben zu wesentlichen (material) und nicht mehr zu maßgeblichen (significant) Rechnungslegungsmethoden zu machen. Was als „wesentlich“ gilt, richtet sich nach der Entscheidungsnützlichkeit der Informationen für die Abschlussadressaten. So werden wesentliche Rechnungslegungsmethoden laut dem geänderten IAS 1 wie folgt abgegrenzt:

IAS 1.117: „[...] Angaben zu Rechnungslegungsmethoden sind wesentlich, wenn bei gemeinsamer Betrachtung mit anderen im Abschluss eines Unternehmens enthaltenen Informationen vernünftigerweise erwartet werden kann, dass sie die Entscheidungen beeinflussen, die die Hauptabschlussadressaten eines Abschlusses für allgemeine Zwecke auf der Grundlage des jeweiligen Abschlusses treffen.“

Ergänzend wird in IAS 1.117A die Aussage getroffen, dass:

  • Rechnungslegungsmethoden, die sich auf unwesentliche Geschäftsvorfälle, Ereignisse oder Umstände beziehen, ihrerseits unwesentlich (und daher nicht angabepflichtig) sind; und
  • Rechnungslegungsmethoden, die sich auf wesentliche Geschäftsvorfälle, Ereignisse oder Umstände beziehen, wesentlich sein können – aber nicht zwangsweise sein müssen.

Prinzipiell gilt, dass Informationen zu einer Rechnungslegungsmethode wesentlich sind, wenn der Abschlussleser diese benötigt, um andere wesentliche Informationen im Abschluss zu verstehen. Sofern sich eine Rechnungslegungsmethode auf wesentliche Geschäftsvorfälle, Ereignisse oder Umstände bezieht, können die folgenden Indikatoren darauf hindeuten, dass die Rechnungslegungsmethode wesentlich und daher anzugeben ist.

Indikatoren zur Wesentlichkeit von Rechnungslegungsmethoden (vgl. ergänzter IAS 1.117B):
a) Änderungen einer Rechnungslegungsmethode in der Berichtsperiode haben wesentliche Auswirkungen.
b) Es wurde ein Bilanzierungswahlrecht ausgeübt.
c) Es wurde eine spezifische Rechnungslegungsmethode gem. IAS 8 mangels Regelungen in den IFRS entwickelt.
d) Es wurden maßgebliche Ermessensentscheidungen oder Annahmen bei der Anwendung einer Rechnungslegungsmethode getroffen.
e) Die den wesentlichen Geschäftsvorfällen zugrundeliegende Rechnungslegung ist komplex und die Abschlussadressaten würden diese ohne die Beschreibung der Rechnungslegungsmethoden nicht verstehen.

Zum genauen Inhalt der Änderungen an IAS 1 und am IFRS Practice Statement 2 verweisen wir auf die Ausführungen in den IFRS aktuell Newsletter, Ausgabe 3, März 2021.

Beispiele zur praktischen Anwendung

Wir gehen auf folgende Beispiele zur Anwendung der geänderten Vorgaben des IAS 1 ein:

1.    Angaben zu Rechnungslegungsmethoden für die Umsatzrealisierung

2.    Angaben zu Rechnungslegungsmethoden für Emissionsrechte (cap-and-trade schemes)

3.    Angaben zu Rechnungslegungsmethoden für Leasingverhältnisse eines Leasingnehmers

Es sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass die Wesentlichkeit im Einzelfall – d.h. unternehmensspezifisch und bezogen auf den einzelnen Sachverhalt – zu beurteilen ist. Wenn bei der Entwicklung und/oder Anwendung einer Rechnungslegungsmethode wesentliche Ermessensentscheidungen und Annahmen getroffen werden, sind diese gemäß IAS 1.122 und IAS 1.125 anzugeben.

Beispiel 1: Angaben zu Rechnungslegungsmethoden für die Umsatzrealisierung

Sachverhalt

Unternehmen A ist ein Händler für Neuwagen. Nach gültigem Recht ist Unternehmen A verpflichtet, Schäden an Fahrzeugen bis zu zwölf Monaten nach der Auslieferung zu reparieren, sofern sich der Schaden auf Mängel bezieht, die zum Zeitpunkt der Auslieferung bestanden (gesetzliche Gewährleistung). Darüber hinaus verpflichtet sich Unternehmen A bei jedem verkauften Auto für einen Zeitraum von drei Jahren bestimmte Serviceleistungen zu erbringen. Unternehmen A verkauft ähnliche Servicepläne nicht separat, aber in den Kaufverträgen der Fahrzeuge werden die enthaltenen Leistungen angegeben. Die Konkurrenten von Unternehmen A binden solche Servicepläne nicht standardmäßig in ihre Verkäufe ein, sondern bieten ähnliche Servicepläne als optionale Zusatzleistung gegen Zahlung einer Gebühr an. Bei der Auslieferung des Fahrzeugs zahlt der Kunden den gesamten Vertragspreis.

Nach Einschätzung von Unternehmen A handelt es sich bei dem Serviceplan um eine separate Leistungsverpflichtung i.S.d. IFRS 15, sodass der Transaktionspreis auf den Verkauf des Autos und die Serviceleistungen zu allokieren ist. Unternehmen A bestimmt, dass seine Leistungsverpflichtung für das Auto zu dem Zeitpunkt erfüllt ist, an dem der Autoschlüssel an den Kunden übergeben wird. Die Leistungsverpflichtung für den Serviceplan wird über den dreijährigen Servicezeitraum erfüllt. Die Erlöse sowohl aus den Autoverkäufen als auch aus den Serviceplänen sind für den Konzernabschluss zum 31. Dezember 20X3 wesentlich.

Fragestellung

Unternehmen A erstellt einen Konzernabschluss zum 31. Dezember 20X3. Sollte Unternehmen A Angaben zu den Rechnungslegungsmethoden für die Umsatzrealisierung machen?

Antwort

Unternehmen A stellt fest, dass die Beträge der Geschäftsvorfälle für den Abschluss wesentlich sind und dass bei der Anwendung der Rechnungslegungsmethoden Ermessensentscheidungen getroffen wurden, insbesondere bei:

  • der Identifizierung von Leistungsverpflichtungen (vor allem bei der Schlussfolgerung, dass die Serviceleistungen vom Verkauf des Fahrzeugs zu unterscheiden sind, obwohl sie nicht separat verkauft werden),
  • der Würdigung, ob der vorausbezahlte Serviceplan eine signifikante Finanzierungskomponente enthält,
  • der Aufteilung des Transaktionspreises auf die Leistungsverpflichtungen und
  • der Bestimmung, wann die Leistungsverpflichtung für die Servicepläne erfüllt wird.

Um die Umsatzrealisierung hinreichend zu verstehen, benötigen die Abschlussadressaten daher Informationen darüber, wie die Rechnungslegungsmethoden des IFRS 15 von Unternehmen A angewandt wurden. Demzufolge sind – zusätzlich zu den allgemeinen Angaben nach IFRS 15 und den Angaben zu wesentlichen Ermessensentscheidungen nach IFRS 15.123-.125 – unternehmensspezifische Informationen über die Rechnungslegungsmethoden für die Umsatzrealisierung im Konzernanhang zur Verfügung zu stellen.

Beispiel 2: Angaben zu Rechnungslegungsmethoden für Emissionsrechte (cap-and-trade schemes)

Sachverhalt

Unternehmen B betreibt 20 Ölförderplattformen. Am Ende eines jeden Kalenderjahres muss Unternehmen B über genügend Emissionsrechte verfügen, um die Emissionsmenge zu decken, die es in dem betreffenden Jahr verursacht hat. Dafür wird Unternehmen B zu Beginn des Jahres eine bestimmte Anzahl von Zertifikaten zugeteilt, wobei ein Zertifikat einer Tonne Kohlendioxid entspricht. Sofern diese nicht ausreichen, kann Unternehmen B an einem Markt mit beobachtbaren Preisen und aktiven Handel zusätzliche Zertifikate kaufen.

Für das Geschäftsjahr 20X3 werden Unternehmen B Zertifikate für 2.000 Tonnen Kohlendioxid zugeteilt. In jedem der drei vorangegangenen Kalenderjahre hat Unternehmen B Kohlendioxid in einer Größenordnung von 2.500-3.000 Tonnen emittiert und erwartet für 20X3 Emissionen in etwa dieser Größenordnung, so dass das Unternehmen gezwungen ist, Zertifikate am Markt zu kaufen.

Da die Bilanzierung von solchen cap-and-trade schemes nicht eindeutig durch die IFRS geregelt ist, gibt es mehrere akzeptable Bilanzierungsansätze. Unternehmen B orientiert sich bei der Bilanzierung an IFRIC 3 „Emissionsrechte“, der zwar im Jahr 2005 vom IASB zurückgezogen wurde, aber immer noch für die Bilanzierung solcher Systeme nach IFRS als eine vertretbare Rechnungslegungsmethode herangezogen wird. Die Bilanzierung des cap-and-trade scheme hat wesentliche Auswirkungen auf den Konzernabschluss zum 31. Dezember 20X3.

Fragestellung

Sollte Unternehmen B Angaben zu den Rechnungslegungsmethoden für Emissionsrechte für die Berichtsperiode 20X3 machen?

Antwort

Unternehmen B stellt fest, dass:

  • die Bilanzierung der Emissionsrechte in den IFRS nicht eindeutig geregelt ist und daher die Rechnungslegungsmethoden gem. IAS 8.10-.12 bestimmt werden,
  • die angewandte Rechnungslegungsmethoden komplex und für die Abschlussadressaten nicht leicht zu verstehen sind,
  • es Unterschiede in der Bilanzierungspraxis gibt und
  • die Emissionsrechte für den Konzernabschluss von Unternehmen B wesentlich sind.

Daher kommt Unternehmen B zu dem Schluss, dass die Angaben der Rechnungslegungs­methoden für die Emissionsrechte für das Verständnis des Konzernabschlusses wesentlich sind und demnach die Bilanzierungs- und Bewertungsgrundsätze offenzulegen sind.

Beispiel 3: Angaben zu Rechnungslegungsmethoden für Leasingverhältnisse eines Leasingnehmers

Sachverhalt

Unternehmen C, ein Immobilienunternehmen, besitzt 15 Immobilien, die als Finanzinvestitionen i.S.d. IAS 40 gehalten werden. Die Immobilien werden für einen Zeitraum von bis zu zehn Jahren vermietet. Nach Evaluierung aller wesentlichen Chancen und Risiken werden die Mietverträge über die Immobilien gem. IFRS 16.62 als operative Leasingverhältnisse klassifiziert.

Daneben hat Unternehmen C zwei Autos gemietet, die dem CEO und dem CFO als Teil ihrer Vergütung zur privaten Nutzung zur Verfügung gestellt werden. Bei der Erstellung seines Konzernabschlusses für 20X3 stellt Unternehmen C fest, dass seine Aktivitäten als Leasingnehmer – im Gegensatz zu seinen Aktivitäten als Leasinggeber – unwesentlich sind.

Fragestellung

Sollte Unternehmen C in seinem Konzernabschluss zum 31. Dezember 20X3 Angaben zu der Bilanzierung seiner Aktivitäten als Leasingnehmer machen?

Antwort

Da die Mietverträge, die Unternehmen C als Leasingnehmer abgeschlossen hat, unwesentlich sind, kommt es zu der Einschätzung, dass die Rechnungslegungsmethoden für Leasingverhältnisse als Leasingnehmer für das Verständnis der Abschlussadressaten nicht relevant und daher nicht anzugeben sind. Allerdings muss Unternehmen C prüfen, ob und welche Angaben gemäß IFRS 16 (für seine Aktivitäten als Leasingnehmer) und IAS 24 (in Bezug auf die Vergütung des CEO und dem CFO) zu machen sind.

Unternehmen C hat allerdings gesondert zu beurteilen, ob Angaben zu den Rechnungslegungsmethoden für seine Aktivitäten als Leasinggeber zu machen sind.

Wesentliche Bewertungsmethoden

Bei der Analyse, welche Bewertungsmethoden wesentlich sind, kann ein neuer Entscheidungsbaum im Practice Statement 2 hilfreich sein. Der Standard erfordert nur noch die Offenlegung der wesentlichen Bewertungsmethoden. Für unwesentliche Bewertungsmethoden gilt nicht automatisch ein Verbot. Unternehmen haben allerdings auch bei den Bewertungsmethoden abzuwägen, wieweit unwesentliche Informationen wesentliche Bewertungsmethoden verschleiern (IAS 1.117D). Dazu hatte das Amendment von 2018 bereits Indikatoren in IAS 1 eingeführt (siehe Wesentlichkeitsdefinition in IAS 1.7). Darunter auch das Beispiel für Verschleierung, wenn wesentliche Informationen in unwesentlichen Informationen versteckt dargestellt werden, sodass die Hauptadressaten nicht erkennen können, welche Informationen wesentlich sind.

Weitere interessante und aktuelle Beiträge rund um die IFRS finden Sie auf CMAAS Aktuell.

Contact us

Ulf Kühle

Ulf Kühle

Director, IFRS-Fachabteilung, PwC Austria

Tel: +43 699 163 050 52

Christoph Wimmer

Christoph Wimmer

Senior Manager – IFRS, PwC Austria

Tel: +43 699 163 057 60

Folgen Sie uns