Bilanzbetrug: Das unternehmerische Zahlenwerk im Fokus der Manipulation

Group of people standing in an office
Wirtschaftskriminalität kennt keine Grenzen. Der klassische Bilanzbetrug zählt seit Jahren zu den Top 5 Betrugsarten der PwC Studie Global Economic Crime Survey. Der Druck der Führungskräfte, definierte Ziele zu erreichen bzw. zu übertreffen, steigt stetig. Das verleitet immer mehr unternehmensinterne Zahlenjongleure zum Betrug.

Gelegenheit macht Diebe

In der Praxis treten zwei Varianten des Bilanzbetrugs gehäuft auf. Auffällig ist, dass dabei nicht das Eigeninteresse des Täters, sondern ein anderer Anreiz zum „Frisieren“ der Zahlen verleitet: 

  • Betrug des Tochter/ Enkelunternehmens zur Täuschung der internationalen Muttergesellschaft: In der Praxis sind sehr häufig Tochter- oder Enkelgesellschaften von internationalen Konzernen betroffen, die sehr stark kennzahlenorientiert geführt werden. Shareholder Value, EBIT oder Umsatz sind nur einige der Kenngrößen, die im Mittelpunkt der geschäftlichen Aktivitäten stehen. Die Sicherung des Fortbestands der Tochter- oder Enkelgesellschaft oder die Freigabe von Investitionen, wie die Anschaffung neuer Maschinen, können einen Anlass für Täter darstellen, Bilanzen zu manipulieren.
  • Eine zweite Variante zielt darauf ab, Eigen- oder Fremdkapitalgeber zu täuschen, um potentielle Investoren dazu zu bewegen, sich zu beteiligen oder eine Bank davon zu überzeugen, weitere Kredite zu bewilligen. 

Die Grenze zwischen legaler Bilanzpolitik und illegalen Methoden verschwimmt rasch. Sogenannte „aggressive Bilanzierungsmethoden“, angewandt zur Wahrung der Zielerreichung, stellen oftmals die Weichen dazu. Weiters können natürlich auch andere Motive, wie private oder finanzielle Probleme, betrügerisches Verhalten begünstigen. 

Die Täter haben häufig eine starke Bindung zum Unternehmen und werden von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sehr wertgeschätzt. Ihre innere Rechtfertigung besteht oft darin, dass sie den Betrug nur ein einziges Mal begehen wollen – zur Zielerreichung und nur zum Wohle des Unternehmens. Sie sind häufig davon überzeugt, dass sie nur eine „wirtschaftliche Delle“ ausbessern, die sich schnell wieder aufhellt. Damit beginnt häufig ein Teufelskreis, aus dem die Beteiligten nicht mehr herausfinden.

Charakteristisch beim Versuch der Verschleierung des Bilanzbetrugs ist die Schließung der vorgetäuschten/ manipulierten Lücken in der Realität inklusive erneuter Zielerreichung im kommenden Jahr. Dies zu realisieren gelingt kaum und so beginnt ein klassisches Schneeballsystem, das die Täter beinahe immer zwingt, weiter zu betrügen. 

Worauf Sie achten müssen

Fachwissen und detaillierte Kenntnisse über Prozesse und Schwachstellen sind die Werkzeuge der Täter. Damit verschleiern sie ihr Vorgehen. Traditionelle Stichprobenuntersuchungen reichen daher oft nicht aus, um den Betrug aufzudecken. Allerdings können Sie durch kontinuierliche Handlungen Bilanzbetrug auch vorbeugen:

  • Kennzahlenanalysen/ -vergleiche (Ratios):
    Achten Sie besonders auf unübliche Trends, beispielsweise Anstieg der Vorratsbewertung in EUR vs. stagnierende Menge gemessen in KG. Sowohl horizontale als auch vertikale Kennzahlen-Vergleiche können zum gewünschten Erfolg führen.
  • Analytische Prüfungshandlungen mittels Data Analytics:
    Die Analyse vollständiger Datensätze kann helfen, Auffälligkeiten zuverlässiger zu entdecken. Durch die laufenden Überprüfungen der Daten auf Anomalien und typische Manipulationsmuster können frühzeitig betrügerische Aktivitäten erkannt werden.
  • Überraschungs-Audits:
    Solche Audits können zur Aufklärung beitragen und das Entdeckungsrisiko erhöhen. Das gilt insbesondere dann, wenn maßgebliche Kennzahlen auf ihre Belastbarkeit geprüft werden – zum Beispiel indem der Warenbestand und die Werthaltigkeit von Forderungen angesehen werden. 

Drei Tipps, wie Sie Ihr Unternehmen schützen können 

  1. Definieren Sie Risikofaktoren!
    Verschaffen Sie sich einen Überblick über Ihre Schwachstellen. Definieren Sie für Ihr Unternehmen typische Faktoren, die Bilanzbetrug ermöglichen können (zum Beispiel Phantom-Lieferscheine) und stufen Sie diese nach dem Risiko in Kategorien ein.
  2. Plausibilitätschecks sind essentiell
    Papier ist geduldig. Ein Wesen des Bilanzbetrugs sind Zahlen, die prinzipiell nicht auffällig erscheinen. Machen Sie Plausibilitätschecks, überprüfen Sie die Realität und stellen Sie diese mit den Papieraufzeichnungen gegenüber.
  3. Interne Kontrollsysteme und Compliance Programme – zwei Elemente, die Sie niemals unterschätzen dürfen
    Vermeiden Sie Bilanzbetrug durch ein gut aufgesetztes internes Kontrollsystem, einheitliche Prozesse und Standards, die Verteilung von Kompetenzen und klar definierte Regeln. Aber auch Sanktionen und Compliance Programme tragen zum Erfolg bei.
Ihre Ansprechpartner von PwC sind gerne für Sie da!

Kontakt

Christian Kurz

Christian Kurz

Partner, Forensic Services, PwC Austria

Tel: +43 699 163 050 47

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